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24.12.2011 01:05
Nahrungsmittelspekulation:
„Die Somalier sind selbst schuld“ -
Deutsche Bank will Dokumentarfilm zensieren

Berlin - Die Deutsche Bank droht mit rechtlichen Schritten und Schadenersatzklage gegen einen Film über Nahrungsmittelspekulationen, sollte nicht eine Passage des Pressesprechers Frank Hartmann herausgenommen werden. Der Pressesprecher wird dahingehend zusammengefasst, dass nicht die Händler von Banken, sondern die Menschen in Somalia für ihre Armut selbst verantwortlich seien. Daraufhin bestätigt Hartmann: „Natürlich sind die selbst schuld!“ [Quelle: politicalbeauty.de 16.12.2011]  JWD


Quelle: Zentrum für Politische Schönheit via Youtube  |  veröffentlicht 09.12.2011

Schuld. Die Barbarei Europas

Aktionskünstler des 'Zentrum für politische Schönheit' haben im Dokumentarfilm ein Telefongespräch dokumentiert, indem der  Pressesprecher äußert, die Menschen in Somalia seien selbst schuld, sich die überhöhten Getreidepreise nicht leisten zu können. Dieser Passage droht nun Zensur. Die Deutsche Bank hat angekündigt, Strafantrag wegen Verletzung des § 201 StGB zu stellen und den Film per 19.12.2011 zu verbieten. Der Leiter der Rechtsabteilung der Deutschen Bank fordert mit Schreiben vom 14. Dezember 2011, „die weitere Verbreitung und Vorführung des Interviews von Herrn Hartmann in dem Film zu unterlassen.” Die Deutsche Bank behauptet, der Pressesprecher habe ein “vertrauliches Hintergrundgespräch zu Ihrer persönlichen Information” geführt, das nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen sei.

Dies wird vom Kameramann des Films bestritten. Er erklärt: „Der Deutschen Bank ist peinlich, was ihr Pressesprecher gegenüber dem Zentrum für Politische Schönheit öffentlich erklärt hat. Frank Hartmann wurde darüber aufgeklärt, dass das Gespräch aufgezeichnet wird.” – Auch die CSR-Abteilung der Deutschen Bank, aufgescheucht von der Passage, die nicht so recht ins Bild sozialer Verantwortung passen will, bot Gespräche an. Jetzt droht die Bank, sich an der Freiheit der Kunst zu schaffen zu machen.

Die Deutsche Bank war erst kürzlich wegen des Foodwatch-Berichts “Die Hungermacher” stark in die Kritik geraten. 2010 sollen laut Weltbank aufgrund gestiegener Nahrungsmittelpreise über 40 Millionen Menschen in die absolute Armut getrieben worden sein. Josef Ackermann erklärte einen Tag nach der Veröffentlichung des Berichts, die Sachlage zu prüfen. In einem persönlichen Brief an Foodwatch meinte Ackermann: „Kein Geschäft ist es wert, den guten Ruf der Deutschen Bank aufs Spiel zu setzen.“ – Laut Pressestelle der Bank war auch Ackermanns Brief nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen.

Ebenso wie heute zeigte sich die Bank auch damals ungehalten über eine vermeintlich nicht intendierte Veröffentlichung. Nina van Bergen vom Zentrum für Politische Schönheit (ZPS): „Die Kritik ist seit Jahren bekannt. Aber erst jetzt, als das Interesse der Öffentlichkeit an den Spekulationsgeschäften, die gegen alle ethischen und moralischen Grundsätze verstoßen, enorm zunimmt, verfallen die Bank in hektische Aktivität. Als bräuchte sie einen Bericht, um Kritik überhaupt wahrzunehmen?“ Ein Mitarbeiter der CSR-Abteilung der Deutschen Bank unterbreitete dem ZPS das Angebot, nach Prüfung der Kritik an den Spekulationsgeschäften Ende Januar „zu reden“.

Philipp Ruch, der künstlerischer Leiter des Zentrums für Politische Schönheit erklärte dazu: „Das scheint die übliche Masche zu sein. Es gibt nichts zu reden. Die Bank muss sofort handeln. Was haben hunderte Mitarbeiter beim Spekulationsgeschäft mit Weizen, Mais und Zucker verloren? Es geht um Millionen Menschen. Man hätte von Anfang an viel vorsichtiger sein müssen.“

UPDATE: Ein Sprecher der Deutschen Bank hat uns folgendes Statement zu dem Fall zukommen lassen:
"Wir werden nicht gegen Herrn Ruch klagen. Damit würden wir ihm zu viel Ehre erweisen, denn es geht ihm offenbar vor allem um eine möglichst öffentlichkeitswirksame Auseinandersetzung mit der Bank. Wir halten jedoch daran fest, dass Herr Ruch nach unserer Auffassung rechtswidrig gehandelt hat, indem er ein Telefonat mit einem Pressesprecher der Bank, das nach dessen Erinnerung als Hintergrundgespräch, also nicht zum Zitieren, deklariert war, nicht nur aufgezeichnet, sondern auch Passagen daraus veröffentlicht hat, in denen sich der Sprecher nicht korrekt wiedergegeben sieht. Seine in dem Film wiedergegebenen Ansichten entsprechen jedenfalls nicht der Position der Deutschen Bank" [Quelle: SZ]


Ungeachtet des Geplänkels ob die Veröffentlichung der strittigen Passage korrekt ist oder nicht, zeigt der Film eine unglaublich skandalöse, menschenverachtende Entwicklung auf dem Nahrungsmittelsektor auf Grund von Spekulation.

Link zum Film auf Youtube (16 Min.) ..hier   oder die Kurzfassung (ohne Pressesprecher) ..hier

zum Artikel bei Netzpolitik.org ..hier
 

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