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21.03.2012 13:30
Ein Intelligenz-Gen gibt es nicht: Haben Milieutheoretiker doch recht?
Berlin - Mit dem Titel - "Was der Mensch ist" - veröffentlicht die TAZ in der Ausgabe vom 17.03.2012 einen interessanten Beitrag vom Direktor des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie Diethard Tautz, aus dessen Sammelband "Mythos vom Niedergang der Intelligenz". Sarrazins Thesen werden darin widerlegt. [Quelle: taz.de] JWD


[Auszug]: Nicht erst seit Sarrazin ist die Debatte über Identität und Intelligenz auf den Hund gekommen. Anmerkungen zum Stand der Forschung:

Gibt es eine genetische Identität von Volksgruppen? Haben diese Gruppen kollektive, genetisch determinierte Eigenschaften?
Zur Beantwortung dieser Fragen muss man wissen, dass der Genpool bei Menschen außerordentlich gering diversifiziert ist - deutlich geringer als etwa bei Schimpansen oder Gorillas. Evolutionsbiologisch gesehen ist der Mensch eine der genetisch homogensten Spezies, die es auf der Erde gibt.

Genetische Unterschiede zwischen den heutigen Volksgruppen lassen sich im Wesentlichen nur mit Hilfe von neutralen genetischen Markern (so nennt man variable DNA-Abschnitte) nachweisen, die per definitionem keine Rückschlüsse auf spezifische Eigenschaften erlauben. Neutrale Marker liegen in den großen Bereichen des Erbguts, die nicht codieren. Das heißt: Sie werden nicht in Genprodukte (etwa Proteine) umgesetzt. Variationen in diesen neutralen Bereichen sind nicht funktional. Sie unterliegen beziehungsweise unterlagen deshalb keinem Selektionsdruck, haben keinen Einfluss auf den Phänotyp (also auf die äußere Erscheinung) und sagen nichts über Eigenschaften aus.

Menschenrassen? Gibt es nicht
Neutrale genetische Marker verhalten sich - eben weil sie neutral sind - nach statistischen Zufallsprinzipien. Mittels statistischer Methoden kann man anhand der Variation in den neutralen Markern die Frage klären, ob der durchschnittliche Unterschied zwischen Gruppen größer oder kleiner ist als die Varianz innerhalb der Gruppen. Wenn er größer ist, hat man meist ein gutes Argument, dass es sich um unterschiedliche Spezies, Subspezies oder Rassen handeln könnte (auch wenn das nie das einzige Argument ist). Beim Menschen ist der Unterschied zwischen den Gruppen viel kleiner als die Varianz innerhalb der Gruppen, es ergibt sich also kein Kriterium, auf genetischer Basis unterschiedliche Rassen zu definieren. [..]

Offensichtliche Unterschiede zwischen Menschengruppen gibt es bei der Hautfarbe oder bei der Fähigkeit, im Erwachsenenalter Milchzucker zu verdauen - aber das betrifft letztlich nur sehr wenige Genregionen. Eine genetische Identität (im Sinne von kollektiven, genetisch determinierten Eigenschaften) haben Volksgruppen also nicht. Dennoch gibt es statistisch signifikante Unterschiede, und man kann sich Gedanken darüber machen, was diese bedeuten.

Das haben viele Genetiker getan und sind zu dem Schluss gekommen, dass die ganz überwiegende Mehrzahl der Unterschiede durch neutrale, geografisch-historisch bedingte Prozesse zu erklären sind. Verschiedene Volksgruppen lebten eine Zeit lang in je unterschiedlichen Regionen - die räumliche Trennung hinterließ genetische Spuren.

[..] Nach dem gegenwärtigen Stand der Genetik haben alle Volksgruppen grundsätzlich das gleiche genetische Potenzial für Intelligenzleistungen.

Dass es hierbei messbare Unterschiede zwischen Volksgruppen gibt, liegt daran, dass die Intelligenztests durch kulturelle Vorerfahrungen beeinflusst werden. Jede Volksgruppe, die einen Intelligenztest auf der Basis ihrer eigenen Kultur entwickeln würde, würde feststellen, dass die meisten anderen Kulturen durchschnittlich schlechtere Leistungen zeigen würden als die Mitglieder des eigenen Kulturkreises. [..]

Werden die Deutschen dumm?
[..] Die These, dass sich die Durchschnitts-"Intelligenz" von Gruppen aufgrund unterschiedlicher Reproduktionsraten kurzfristig verschieben könnte, entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage.

Wissenschaftlich steht fest: Dass Kinder die intellektuelle Ausstattung ihrer Eltern erben, ist Unsinn


Link zum vollständigen Artikel bei 'taz.de'  ..hier 

 
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