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26.10.2012 23:55
Ein helles Köpfchen schwört seien Amtseid auf die Deutsche Wirtschaft und kassiert kräftig ab
Wenn ich den Artikel von Jens Berger in den NachDenkSeiten richtig verstanden habe, muss es im Falle des ehemaligen Bundeswirtschaftsministers Michael Glos so etwa gewesen sein. In der Talkshow von Günther Jauch verkündete Glos: "Als ich Wirtschaftsminister war, war es auch mein Amtseid, im Interesse der Wirtschaft zu handeln". Da braucht man sich nicht darüber zu wundern, dass er im Ranking der Nebeneinkünfte von Bundestagsabgeordneten nach Peer Steinbrück den 2. Platz belegt.  JWD

Jens Berger schreibt in den Nachdenkseiten unter der Überschrift - Michael Glos und sein Amtseid - , wie folgt:

Michael Glos ist nicht nur ehemaliger Bundeswirtschaftsminister sondern auch hinter Peer Steinbrück der Bundestagsabgeordnete, der in der aktuellen Legislaturperiode die höchsten Nebeneinkünfte erzielt hat. Glos gilt als wirtschaftsnah und saß bis 2004 sogar im Beirat des neoliberalen Think-Tanks Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Am letzte Sonntag war Glos in der Talkshow Günther Jauch zu Gast, um sich „kritischen“ Fragen zu seinen Nebeneinkünften zu stellen. Wie stets konnte sich Gastgeber Jauch nicht durchringen, auch nur eine wirklich kritische Frage zu stellen. Bemerkenswerter war da schon ein unfreiwilliges Geständnis von Glos, das wir unseren Lesern nicht vorenthalten wollen.
 

Michael Glos: Also ich hab den ersten Besuch eines deutschen Wirtschaftsministers dort [Aserbaidschan] gemacht – auf Drängen der Wirtschaft [...]

Bernd Schlömer: Sie sollen im Interesse des Bürgers handeln und nicht im Interesse der Wirtschaft

Michael Glos: Als ich Wirtschaftsminister war, war es auch mein Amtseid im Interesse der Wirtschaft zu handeln.

Günther Jauch vom 21. Oktober 2012, ab Minute 23:50

Nun hat es die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft jedoch noch nicht geschafft, den Amtseid für den Bundeswirtschaftsminister in der Form zu ändern, dass dieser einen Eid auf die Interessen der deutschen Wirtschaft leistet. Auch der Finanzminister legt – obgleich man dies angesichts der aktuellen Politik kaum glauben mag – keinen Eid auf die Interessen der deutschen Banken ab, der Verkehrsminister ist nicht den deutschen Automobilherstellern und der Gesundheitsminister nicht den Interessen der deutschen Pharmakonzerne verpflichtet. Allesamt legen stattdessen den Amtseid ab, den Artikel 56 GG vorgibt.
 

Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.*”

Von der deutschen Wirtschaft ist diesem Eid freilich nicht die Rede. Aber ein solcher Freudscher Versprecher sagt wohl mehr über den geistigen Zustand von Michael Glos aus, als es tausend Zeilen Kritik an ihm je könnten. Dass Glos in einer Parallelwelt lebt, zeigt er auch in Minute 31:00 der Jauch-Sendung. Nach Glos Selbstverständnis kassiert er seine fürstlichen Nebeneinkünfte (über 546.000 Euro pro Jahr) nicht wegen seiner ehemaligen Tätigkeit als Wirtschaftsminister, sondern offenbar deshalb, weil er ein so helles Köpfchen ist.

Was einen Müllermeister mit mittlerer Reife dazu qualifiziert, von der Beteiligungsgesellschaft RHJ (früher Ripplewood) als Berater mehr als 7.000 Euro pro Monat beziehen, weiß sicher nur Michael Glos. Für jeden Beobachter, der sein Gehirn nicht in den frühzeitigen Winterschlaf verabschiedet hat, erschließt sich Glos Argumentation nicht. [Quelle: nds.de]

Link zum Artikel von Jens Berger bei ' nds.de '  ..hier

*) 'So wahr mir Gott helfe' ist nicht zwingender Bestandteil der Eidesformel. Spätestens an dieser Stelle wird der der Schwur unwahr.


Nachtrag 29.10.2012:
Jens Berger ergänzt in den Nachdenkseiten heute seinen Bericht wie folgt:

[Zitat]: Einige Leser wiesen mich darauf hin, dass folgende Formulierung unglücklich ist:

Was einen Müllermeister mit mittlerer Reife dazu qualifiziert, von der Beteiligungsgesellschaft RHJ (früher Ripplewood) als Berater mehr als 7.000 Euro pro Monat beziehen, weiß sicher nur Michael Glos.

Die Leser haben recht, die Formulierung ist in der Tat unglücklich. Selbstverständlich will ich einem Meister oder einem Absolventen der mittleren Reife nichts absprechen. Im Gegenteil, wer mit beiden Beinen im Leben steht, hätte eigentlich gerade für „Heuschrecken“ wie RHJ sicherlich wesentlich sinnvollere Tips als das Heer der BWLer und Anwälte, das für RHJ tätig ist. Meine Anmerkung will dann auch genau diesen Widerspruch ins Zentrum rücken.

In der Welt der Investmentbanker, Heuschrecken und Berater zählen eben nicht die Qualitäten und Qualifikationen, die in einer vernünftigen Wirtschaftswelt zählen sollen. In dieser Welt gilt nun einmal – so zynisch sich das anhören mag – ein Müllermeister nicht viel. Das verteidige ich nicht, ich kritisiere dieses Denken ausdrücklich und finde es zynisch von Michael Glos, seine Arbeitgeber aus der freien Wirtschaft auf diese Art und Weise rein waschen zu wollen.

Unser Leser M.B. machte uns auch auf folgendes aufmerksam: Passend zu Glos Amtseid hat auch die Berliner Wirtschaftssenatorin Yzer ihr Amt definiert: Auf die Frage “Sie werden bisher vor allem als ehemalige Pharma-Lobbyistin wahrgenommen. Ein Problem für Sie?” antwortet Yzer, mit offensichtlich zutiefst korrumpierter Grundeinstellung:

“Ich bin jetzt Wirtschaftssenatorin und damit allen Unternehmen dieser Stadt verpflichtet, nicht nur einer Branche.”

Nachzulesen ..hier (Berliner Zeitung, 18.10.2012)

Ergänzende Anmerkung JB: Zu Cornelia Yzer siehe auch hier: Cornelia Yzer – Durch die Drehtür und zurück. [..hier]  [Zitat Ende]


 
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