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19.12.2012 16:25
Finanz- u. Wirtschaftkrise ist eine Systemkrise des Kapitalismus
Wer regiert das Geld? - Dr. Edgar Most, 1990 Vizepräsident der Staatsbank der DDR, 1990-2004 Direktor der Deutschen Bank in Berlin und Mitglied der Geschäftsleitung der Deutschen Bank, im Gespräch über die Finanzkrise und Möglichkeiten ihrer Überwindung. [Quelle: hpd.de]  JWD

[..] Als leitender Bankmanager in zwei Wirtschaftssystemen kennt er auch beide Seiten und meint, dass der Sozialismus an einer Überregulierung seiner Wirtschaft gescheitert sei und der Kapitalismus an der bestehenden Deregulierung scheitern könne. Der Satz „Geld regiert die Welt!“ stimme zwar, aber ebenso die berechtigte Frage: „Wer regiert das Geld?“ Es seien mehrere kleine Schritte notwendig, um die notwendigen Rahmenbedingungen für eine Bewältigung der Finanzkrise zu schaffen, da sonst das Kapital eine immer größere und schließlich unkontrollierbare Bedeutung bekäme.

Kapital habe eben keine „sozialen Touch“, es soll Rendite bringen. Doch wenn er sich das Ergebnis der deutschen Einheit in den Neuen Bundesländern ansehe, dann könne sich die deutsche Bankenwelt nur Schämen.

Von den USA erwartet er sich keine Lösungen, da sie vom Kapital beherrscht und die Präsidenten ohnmächtig seien. Auch die Chinesen würden die gleichen Fehler machen. Kommunale Betriebe und Einrichtungen haben auch eine soziale Aufgabe und Verpflichtung.

[..] Alles begann, als die USA den Dollar von der Golddeckung abkoppelten (u.a. um den Vietnam-Krieg zu finanzieren) und schließlich das Geld selbst zur Ware wurde. Der Zustand, dass rund 60 Prozent des Geldvolumens der Welt von „Schattenbanken“ (u.a. Hedge-Fonds) herausgegeben und verwaltet wird, muss beendet werden. Die Politik müsse dafür die Rahmenbedingungen setzen.

In einem kurzen Gespräch nach der Veranstaltung hatte der hpd Gelegenheit, Herrn Dr. Most ein paar Fragen zu stellen, u.a.:

  • Herr Most, in Ihrem Buch „Sprengstoff Kapital“ schreiben Sie, dass wir keine Finanzkrise, sondern eine Krise des Kapitalismus haben. Was meinen Sie damit?
  • Halten sie es nach Ihrer langjährigen Erfahrung am Finanzmarkt für möglich, dass es vielleicht (in ferner Zukunft) einen „fairen Finanzmarkt“ bzw. eine ethische Marktwirtschaft geben könnte?
  • Sie verweisen auf „notwendige Spielregeln“ für Banken. In wie weit gibt es diese bereits und wer kontrolliert diese bzw. setzt sie durch?
  • In ihrem Buch stellen Sie außerdem die These auf, dass Banken, Spekulanten, und Politik nichts aus der letzten (bzw. aktuellen) Krise gelernt haben. Hat sich wirklich nichts positiv verändert?
  • Sie bezeichnen China als „größten Gewinner der Globalisierung“ – ist das rasante wirtschaftliche Wachstum Chinas für Europa Chance oder Gefahr?
  • Wohin sollte sich Europa zukünftig wirtschaftlich orientieren? Nach China, USA oder Russland?

Videoaufzeichnung des Gesprächs:




Link zum vollständigen Originalartikel bei ' hpd.de ' ..hier


Anmerkung: Immerhin ermutigend in sofern, als es offensichtlich doch noch Menschen gibt, die trotz jahrelanger neoliberaler Gehirnwäsche*, ihre analytischen Fähigkeiten bewahren. Die systemischen Ursachen der Krise hat Dr. Most nicht nur klar erkannt, sondern vertritt dies auch öffentlich, was als gut versorgter** Ex-Banker nicht gerade selbstverständlich ist, setzt er sich doch der Gefahr aus, von seinen Standesgenossen als Nestbeschmutzer verunglimpft zu werden. Als erfrischend empfinde ich auch, seine klare Aussagen, in denen er ohne schwulstiges Gerede auskommt.

*) als leitender Bankmanager wurde er sicherlich Systemkonform geschult
**) Annahme

 
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