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17.05.2013 09:45
Der Euro vor der Entscheidung - politische Schlussfolgerungen aus der Studie von Flassbeck/Lapavitsas
Heiner Flassbeck stellt heute um 10 Uhr in der Bundespressekonferenz in Berlin eine umfangreiche Studie zur Eurokrise vor, die er zusammen mit Costas Lapavitsas von der University of London erstellt hat. Die Studie mit dem Titel: "The systemic crisis of the Euro - true causes and effective therapies" wurde von der Rosa-Luxemburg-Stiftung gefördert und wird auch von der Stiftung vertrieben. [Quelle: flassbeck-economics.de]  JWD

[Auszüge]: Die letzte Chance nutzen!
Die Studie von Flassbeck und Lapavitsas hat unmissverständlich gezeigt, dass die gemeinsame europäische Währung existentiell bedroht ist. Nicht nur, dass von Anfang an die Grundbedingungen für eine funktionierende Währungsunion missachtet wurden, das Management der Währungsunion war der Komplexität der Sache nicht angemessen und es war geblendet von der ideologischen Ausrichtung der wichtigsten Akteure. Zudem wurden seit Beginn der Krise, die mit der Krise des Weltfinanzsystems zusammenfiel, entscheidende Fehler bei dem Versuch gemacht, der Krise Herr zu werden. Wieder hat der Fokus auf fiskalische Fragen ("Staatsschuldenkrise") eine umfassende und zielgerichtete Therapie verhindert. Darüber hinaus hat die einseitige und eindeutig falsche Schuldzuweisung an die Schuldnerländer und die von ihnen verlangte Austeritätspolitik eine Wirtschaftskrise in Gang gesetzt, deren negative Folgen für die Lebensverhältnisse der Menschen die nationalen demokratischen Systeme in frage stellt und das friedliche Zusammenleben der Bürger in Europa für Jahrzehnte belasten wird.

Es ist spät, doch noch ist es nicht zu spät für eine Umkehr. Würde Deutschland als wichtigstes Gläubigerland Einsicht zeigen, seine Position radikal verändern und zusammen mit allen anderen auf eine neue Strategie setzen, könnte die Eurozone die schwere Krise überwinden. Doch mit jedem Tag, an dem an der alten gescheiterten Strategie festgehalten wird, schwinden die Chancen für eine erfolgreiche Wende. Die entscheidenden Elemente dieser Strategie sind der Abbau der Lücke in der Wettbewerbsfähigkeit vor allem über Lohnerhöhungen in Deutschland, die sofortige Beendigung des fiskalischen Austeritätskurses und die Überbrückung der schwierigen Übergangsphase für die Schuldnerländer durch Kredite der EZB, Eurobonds oder weitgehend unkonditionierte Hilfen durch den ESM (European Stability Mechanism). Auch in diesem Fall bräuchte man einen langen Atem. Der Rückweg zu einer Lage, bei der die Schuldnerländer wirtschaftlich auf eigenen Füßen stehen, wachsen und Arbeitsplätze schaffen können, wird nicht unter zehn Jahren dauern. [..]

Europa ist wichtiger als der Euro
Viele, die mit guten Gründen an Europa als historische friedensstiftende Idee glauben, können es nicht leicht akzeptieren, aber man muss realistisch bleiben. Mit der Währungsunion ist Europa vermutlich zu früh einen Schritt zu weit gegangen. Wäre der Euro zu retten, wäre das sicher ein großer Erfolg. Wenn er allerdings nicht in allen Mitgliedsländern zu retten ist, dann sollte alle politische Energie darauf verwendet werden, das politisch vereinte Europa vor den einstürzenden Trümmern eines Teils der Währungsunion zu schützen.

Die Studie hat klar gezeigt, dass die Grundentscheidung für den Euro sehr wohl auch mit guten wirtschaftlichen Argumenten gerechtfertigt werden kann. Die dominierende ökonomische Theorie aber hat diese Argumente von Anfang an ignoriert und politisch desavouiert. Aber auch innerhalb der entscheidenden Institutionen, wie der Europäischen Zentralbank und der Europäischen Kommission, wurde versucht, die Währungsunion auf der Basis der herrschenden neoklassischen Theorie zu implementieren. Dieser Versuch ist gründlich gescheitert. Eine Währungsunion aufgebaut auf monetaristischen Vorstellungen in der Europäischen Zentralbank und bei der Europäischen Kommission sowie kruden Ideen zum Wettbewerb von Nationen im größten Mitgliedsland kann und konnte niemals funktionieren.

Dass Europa sich unter dem Einfluss von stark ideologisch gefärbten Vorstellungen über die Wirtschaft selbst in Frage stellt, darf nicht zugelassen werden. Alle, die Europa als politische Idee retten wollen, und das muss das übergeordnete Ziel sein, sollten erkennen, dass das nur mit einer Wirtschaftstheorie zu schaffen ist, die realistisch und progressiv zugleich ist. Nur wenn verstanden wird, dass die Teilhabe der Menschen am wirtschaftlichen Fortschritt unter allen Umständen zu gewährleisten ist und Wettkampf der Nationen eine absurde Idee ist, kann man hoffen, dass auf den Trümmern des alten Gebäudes neues europäisches Leben entsteht.

Weiterlesen im Originalartikel bei ' flassbeck-economics.de ' ..hier


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Weiterlesen im Originalartikel bei ' sahra-wagenknecht.de ' ..hier

Download-Dokumente:
    The Systemic Crisis of the Euro - True Causes and Effective Therapies" (englisch)
    Heiner Flassbeck/Costas Lapavitsas (PDF) ..hier

    Übersetzung der Schlussfolgerungen der Flassbeck/Lapavitsas-Studie
    Übersetzung: Deutscher Bundestag (.doc) ..hier
 [Quelle: sahra-wagenknecht.de]

 
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