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12.06.2013 10:15
“Man kann diese verheerende Politik in Europa nicht beliebig lange verkaufen”
Ein Interview mit Heiner Flassbeck über die Krise und die Demokratie in Europa. Prof. Dr. Heiner Flassbeck wurde 1998 Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen. Von 2000 bis 2013 war er bei der UNO-Organisation für Welthandel und Entwicklung (UNCTAD) in Genf tätig, 2003 wurde er deren Chefvolkswirt. [Quelle: annotazioni.de]  JWD

Herr Flassbeck, Sie betonen in ihren Texten und Vorträgen immer wieder, dass die Krise in Europa keine Staatsschuldenkrise sei. Warum halten Sie diesen Begriff für falsch?

Heiner Flassbeck: Weil es von Anfang an kein Problem bei den Staatsschulden gab, sondern es die Banken waren, die zu viele Schulden gemacht hatten. 2008 geriet die Welt in eine Bankenschuldenkrise. In dieser Bankenschuldenkrise haben dann die Staaten versucht, die Konjunktur zu stabilisieren, und sie haben Banken gerettet. Das hat natürlich Geld gekostet, wodurch die Staatsschulden gestiegen sind. Wenn ich das eine Staatsschuldenkrise nenne, erwecke ich den Eindruck – und das ist ja auch die Idee dahinter – dass die Staaten etwas falsch gemacht hätten. Die Staaten haben aber eigentlich nicht viel falsch gemacht. Sie haben auf das falsche Verhalten, auf das blödsinnige Verhalten der Banken reagiert.

Dieser Vorwurf, dass Staaten etwas falsch gemacht hätten, wird ja nicht nur im Bereich der Finanzpolitik immer wieder erhoben, sondern auch bei der Lohn- und Arbeitsmarktpolitik. Dann wird behauptet, einige Länder seien zu teuer, die Löhne dort zu hoch, die Arbeitsmärkte zu unflexibel und diese Länder dadurch insgesamt nicht wettbewerbsfähig. Was ist daran falsch und wie hängt das mit diesem Vorurteil der Staatsschuldenkrise zusammen?

Heiner Flassbeck: Nachdem die Diskussion um eine Staatsschuldenkrise etwas abgeebbt ist, was seit etwa einem Jahr der Fall ist, hat sich eine andere Sichtweise durchgesetzt. Nun wird betont, wie ich das übrigens von Anfang an gesagt habe, dass die Krise mit der Wettbewerbsfähigkeit zu tun hat. Allerdings wird von Bundeskanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble auch das wieder völlig falsch gedreht, nämlich in dem Sinne, dass die anderen alles falsch gemacht hätten, Deutschland hingegen alles richtig gemacht habe und immer noch alles richtig mache. Nun, wir sind die Guten, die anderen sind die Bösen, das ist immer noch das gleiche Schema. Und doch ist auch das falsch, denn in der europäischen Währungsunion hat Deutschland viel zu geringe Lohnerhöhungen gehabt. Gemessen am gemeinsam beschlossenen Inflationsziel von zwei Prozent pro Jahr waren die Lohnsteigerungen in Deutschland viel zu gering. [..]

Weiterlesen im Originaltext ' bei ' annotazioni.de ' ..hier


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