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30.07.2013 17:05
Gequirlter Blödsinn im Handelsblatt
Soviel wirtschaftspolitischer Nonsens lässt bewusste Irreführung vermuten und ist einer Wirtschaftszeitung mit dem Anspruch auf Qualitätsjournalismus unwürdig. Das ist eindeutig zuviel an merkelschem Hausfrauengeschwätz. Heiner Flassbeck kann es nicht nachvollziehen ... JWD

... und schreibt heute auf seiner Webseite wie folgt:

Wirtschaftsberichterstattung aus dem Mustopf
Was sich der sogenannte Qualitätsjournalismus in wirtschaftlichen Fragen an gequirltem Blödsinn leistet, haben wir schon oft dokumentiert. Dass aber ein "Wirtschaftsblatt" wie das Handelsblatt einen Bericht der Deutschen Bundesbank über die Entwicklung des Geldvermögens im Jahr 2012 derart verunstaltet, ist schon stark.

"Die Deutschen werden immer reicher" ist das Stück überschrieben und die Unterzeile lautet: "Auch wenn Europas Wirtschaft schwächelt: Das Geldvermögen der Deutschen klettert ungebremst auf immer neue Rekordhöhen. Gleichzeitig schrumpft überall der Schuldenstand, obwohl die Zinsen extrem niedrig sind."

"In der Regel wächst das Geldvermögen der Deutschen stetig.", stellt das Blatt fest. "Vor 20 Jahren hatte es noch einen Wert von 2 002,3 Milliarden Euro, Anfang 2003 waren es 3 595,4 Milliarden Euro. Nur in einigen Krisen gab es Dellen wie zuletzt im dritten Quartal 2011. Damals nagten die Turbulenzen an den Börsen am Wohlstand der Aktionäre. Die Finanzkrise 2008/2009 ließ das Vermögen sogar über einen längeren Zeitraum schrumpfen. Diese Verluste wurden aber längst wieder aufgeholt."

Ja warum nur, hätte man fragen müssen, haben die Deutschen nichts anderes zu tun, als ihr Geldvermögen zu mehren? Wie kann das Geldvermögen einer so großen Gruppe der Gesellschaft, wie das die privaten Haushalte Deutschlands nun mal sind, stetig wachsen, wo wir doch schon in der Grundschule lernen (sollten), dass dem Geldvermögen der einen immer die Schulden der anderen gegenüberstehen? Wie kann es sein, hätte man weiter fragen sollen, dass die Deutschen immer Geldvermögen bilden, während die anderen offenbar stetig immer mehr Schulden machen? Wo sind denn die vielen zusätzlich angehäuften Milliarden (etwa 1500 immerhin) in den vergangenen zwanzig Jahren hingegangen, wenn die Deutschen doch immer so fleißig ihr Geldvermögen gemehrt haben? [..] [Quelle: flassbeck-economics.de]

Weiterlesen im Originalartikel bei ' flassbeck-economics.de ' ..hier


Passend zum Thema:

30.07.2013 [Quelle: nds.de / Albrecht Müller]
„Uns geht’s gut“
So lautet das Motto über einem mehrseitigen Abschnitt im Tchibo-Bestell-Magazin vom Juli 2013. „Uns geht’s gut“ ist die die Basisbotschaft des Wahlkampfs von Angela Merkel. Nicht nur Tchibo hilft bei der Indoktrination. „Satt, sorglos, Deutschland“ lautete die Überschrift eines Artikels von Matthias Geis in der „Zeit“. Unter dem Eindruck eines Gesprächs mit guten und überaus intelligenten Freunden komme ich auf diesen am 11.7.2013 erschienenen Artikel zurück.

Sie fanden diesen Beitrag gut, der Realität entsprechend und sogar kritisch. Mir ist an dieser positiven Wertung noch einmal klar geworden, wie dünn bei uns die Schicht jener Zeitgenossen geworden ist, die wirklich noch kritisch hinterfragen und deshalb die manipulativen Elemente eines Beitrags wie jenes von Matthias Geis und vor allem seine Funktion als Träger von Merkels wichtigsten Kampagnenelementen durchschauen.

Dazu ein paar Hinweise und Hilfen zum kritischen Lesen eines solchen Textes:

Uns, den Deutschen geht es gut. „Die Deutschen“ kommt öfter vor, wenn vom großen Erfolg und „zweiten Wirtschaftswunder“ die Rede ist. „Die Republik wirkt satt und sorglos“, heißt es.

Dass es über 3 Millionen registrierte Arbeitslose gibt und viele nicht registrierte, dass ca. 6 Millionen aufstocken müssen, dass jeder vierte Deutsche für Niedriglohn arbeiten muss und dass dies nicht an mangelnder Berufsausbildung liegt, wird einfach ausgeblendet, wenn ein Journalist eines als hervorragend geltenden Presseorgans vom Wirtschaftswunder für „die Deutschen“ schreibt.

Am 25. Juli wurde von einer Studie des Forschungsinstituts der Bundesagentur für Arbeit berichtet. Danach gibt es nur in Litauen europaweit mehr Geringverdiener als bei uns. Das stört offenbar den Eindruck nicht, den beispielhaft Journalisten der „Zeit“ vermitteln und der auch von kritischen Zeitgenossen geteilt wird, so jedenfalls meine Erfahrung.

Dass junge Menschen sich von Praktikum zu Praktikum hangeln, dass viele ausgenutzt werden, dass Minijobber ihre Rechte nicht durchsetzen können – siehe hier Bericht in „Der Tagesspiegel“ – stört die Beschönigung der Lage nicht.

Die Erfolgsmeldungen im Artikel der „Zeit“ blenden die Misserfolge der in Deutschland gemachten Wirtschafts-, Währungs- und Finanzpolitik einfach aus. Dass wir Arbeitslosigkeit mithilfe des Ausbaus des Niedriglohnsektors und durch hohe Exporte exportiert haben, dass andere Länder, die mit uns in der Wirtschafts- und Währungspolitik verflochten sind, in schrecklichen Wirtschaftskrisen mit extrem hoher Arbeitslosigkeit stecken, interessiert die Autoren und Leser solcher Beiträge offensichtlich nicht. Obwohl der Zusammenhang extrem eng ist, obwohl die europäische Einigung eigentlich verlangen würde, bei der Suche von Erfolg und Misserfolg das Ganze und nicht nur die wirtschaftliche Lage in Deutschland zu beobachten und zu werten. Nicht ein Hauch von Solidarität stört die Schreiber solcher Artikel.

Wie üblich bei den Kampagnen zu Gunsten der neoliberalen so genannten Reformpolitik wird auch vom Autor des Zeit-Artikels das „zweite Wirtschaftswunder“ den „anstrengenden Reformen“ von Schröder und Rot-Grün zugeschrieben. Und dann wird der SPD und den Grünen vorgeworfen, sie hätten sich im Interesse der innerparteilichen Befriedung von dieser Erfolgsgeschichte abgekoppelt.

Dazu wird auch die Mär vom „kranken Mann Europas“ verbreitet. Krank seien wir gewesen, bevor 2003 die Agenda 2010 durchgesetzt wurde. Selbstverständlich berichtet der Autor nicht, dass die Story vom kranken Mann Europas eine Erfindung von Leuten wie Gabor Steingart und des so genannten besten Wissenschaftlers Deutschlands Hans-Werner Sinn war. Diese haben damals Bücher geschrieben, in denen sie den Niedergang des Superstars Deutschland und den Verlust deutscher Wettbewerbsfähigkeit behauptet haben. Aber das war damals schon gelogen. In meinen Büchern „Die Reformlüge“ von 2004 und in „Machtwahn“ von 2006 habe ich diese Manipulationen ausführlich und mit Fakten belegt.

Der Slogan „mehr Gerechtigkeit“ könnte glatt von Angela Merkel stammen, behauptet der Autor. Damit wird die bewusst geplante und verbreitete Botschaft, Angela Merkel sei sozialdemokratisiert, jedenfalls sozial orientiert, weiter gefestigt. Fakten zum Beleg fehlen wie immer.

Das waren nur einige wenige Anmerkungen zu einem unglaublich clever geschriebenen Artikel. Ich wollte auf einige der Manipulationen aufmerksam machen, weil vermutlich auch in Ihrem Umfeld intelligente Zeitgenossen auf solche Texte herein fallen.

Link zum Originalartikel bei ' nds.de ' ..hier


 
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