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12.07.2015 12:00
Die "Strategie 2015" des Pentagons
für die Erringung der Weltherrschaft

Der US-Autor Mike Whitney analysiert die neue "Nationale Militärstrategie 2015" der USA. - Am Mittwoch veröffentlichte das Pentagon seine Nationale Militärstrategie 2015 / NMS eine 24-seitige Anweisung für die Erringung der Weltherrschaft durch die US-Streitkräfte. Die Sprache dieses Dokuments ist zwar zurückhaltender und weniger zündelnd als ähnliche Vorgaben aus früheren Jahren. Die Festlegung, dass die Durchsetzung von US-Interessen vorwiegend durch Gewaltanwendung erfolgt, ist auch der unveränderte Eckpfeiler der neuen Strategie. [Quelle: luftpost-kl.de]  JWD

Leser finden in dieser NMS wieder keine Spur von Gewissensbissen über die großflächige Verwüstung und die vielen Toten, die US-Interventionen in überfallenen Ländern hinterlassen haben, von denen keinerlei Bedrohung für die USA ausging. Stattdessen widerspiegelt der Report die wilde Entschlossenheit seiner aus der US-Elite kommenden Autoren, das Gemetzel und die Blutbäder so lange fortzusetzen, bis alle potenziellen Rivalen abgeschlachtet und eliminiert sind und Washington überzeugt davon ist, dass ihm niemand mehr die Weltherrschaft streitig machen kann.

Wie zu erwarten war, verbirgt die NMS ihre feindlichen Absichten hinter der irreführenden Formulierung, es gehe nur um die "nationale Sicherheit". Die USA führen natürlich keine (völkerrechtswidrigen) Angriffskriege gegen sie nicht bedrohende Staaten, die wichtige Bodenschätze besitzen. Nein, die USA handeln nur aus dem "Bedürfnis nach Sicherheit", um das eigene Territorium "zu schützen" und "unsere nationalen Interessen durchzusetzen". Wie könnte auch nur ein Mensch daran Anstoß nehmen, dass es den USA nur darum ging, Frieden und Demokratie nach Afghanistan, in den Irak, nach Libyen und jetzt nach Syrien zu bringen?

Bereits in seinem Vorwort versucht General Martin Dempsey, der Chef des US-Generalstabes, die US-Bevölkerung auf weitere endlose Kriege einzustimmen:
    "Künftige Konflikte werden schneller entstehen, länger dauern und höhere technologische Anforderungen stellen. ... Wir müssen im Stande sein, schnell auf neue Bedrohungen zu reagieren, ohne bereits bestehende zu vernachlässigen. ... Besonderer Wert ist auf die Unterschiede zu legen, die bei der Anwendung militärischer Gewalt gegen Staaten und gegen nichtstaatliche Bedrohungen zu beachten sind. Wir haben mit größerer Wahrscheinlichkeit eher länger andauernde, als schnell beizulegenden Konflikte zu erwarten. Deshalb wird es wichtiger als bisher werden, die Eskalation von Konflikten zu verhindern."
Krieg, Krieg und noch mehr Krieg! Das ist die Vision des Pentagons für die Zukunft. Russland und China planen hingegen eine einheitliche Freihandelszone, die wie die Seidenstraße Europa mit Asien verbinden, viele neue Arbeitsplätze und lebenswichtige Infrastruktur schaffen und den Lebensstandard vieler Menschen verbessern wird; die USA wollen nur noch mehr Tote und noch mehr Zerstörung. Washington hat keine Strategie für eine friedliche Zukunft, keine Vision von einer besseren Welt. Es führt nur Krieg – asymmetrisch, technologisch oder sogar präemptiv. Die komplette politische Elite und ihre zahlenden Hintermänner kennen nur eine Strategie: die Erringung der Weltherrschaft mit überlegenen Waffen. Das ist die einzige Botschaft dieses Dokumentes. Die USA haben immer noch vor, durch Einsatz ihrer starken Militärmacht die ganze Welt zu unterjochen. Und wen hat das US-Militär im Fadenkreuz? Darüber gibt der nachfolgende Auszug aus einem Artikel in Defense News Auskunft (..hier):
    Das Strategie-Papier benennt den Iran, Russland und Nordkorea als aggressive Staaten, die den Weltfrieden bedrohen. Auch China wird erwähnt, aber mit der Einschränkung, die Obama-Regierung "unterstütze seinen Aufstieg und ermuntere es dazu, Partner bei der Förderung der internationalen Sicherheit zu werden"; China wird zwar als Wirtschaftspartner akzeptiert, aber gleichzeitig als regionaler Konkurrent (im Südchinesischen Meer) kritisiert. "Wir glauben nicht, dass einer dieser Staaten einen direkten militärischen Konflikt mit den USA und ihren Verbündeten will," steht in dem Strategie-Papier. "Dennoch stellt jeder von ihnen eine Bedrohung für die internationale Sicherheit dar, vor der sich die internationale Gemeinschaft kollektiv durch eine gemeinsame Politik, den Austausch von Informationen und gemeinsames Handeln schützen muss."
Haben Sie kapiert, was da gesagt wird? "Wir glauben nicht, dass einer dieser Staaten einen direkten militärischen Konflikt mit den USA und ihren Verbündeten will. Dennoch stellt jeder von ihnen eine Bedrohung für die internationale Sicherheit dar."

Mit anderen Worten heißt das: Keiner dieser Staaten will die USA angreifen, aber die USA wollen diese Staaten bekämpfen. Denn die USA halten Kriege gegen diese Länder für gerechtfertigt, weil sie entweder über viele Bodenschätze und riesige Industriekapazitäten verfügen, in einem Gebiet liegen, das die USA aus geopolitischen Gründen beanspruchen, oder weil sie einfach nur wollen, dass man ihre Souveränität und Unabhängigkeit achtet, was in den Augen der US-Regierung schon ein Verbrechen ist. Natürlich benutzt Dempsey diese Gründe nicht als Rechtfertigung für die beabsichtigten Kriege; er wirft den anvisierten Staaten nur vor, "die Sicherheit der USA zu gefährden", meint aber eigentlich, dass sie den USA ihre Rolle als einzige Supermacht der Welt streitig machen könnten.

Besondere Aufmerksamkeit widmet die NMS Washingtons "Lieblingsfeind" Russland, weil Moskau die Stirn hatte, den US-Staatsstreich in der benachbarten Ukraine nicht tatenlos hinzunehmen. Dafür muss Moskau natürlich bestraft werden. In dem Strategie-Papier heißt es dazu:
    "Einige Staaten versuchen jedoch, Prinzipien der internationalen Ordnung zu revidieren, und begehen Handlungen, die unsere nationale Sicherheit bedrohen. Russland hat zwar bei bestimmten Sicherheitsproblemen wie der Bekämpfung des Rauschgiftschmuggels und des Terrorismus mitgeholfen, aber auch wiederholt gezeigt, dass es die Souveränität seiner Nachbarn nicht respektiert und bereit ist, Gewalt anzuwenden, um seine Ziele durchzusetzen. Russland untergräbt die Sicherheit bestimmter Regionen entweder durch direkte Militärinterventionen oder durch die Unterstützung von Handlangern. Damit verletzt Moskau zahlreiche Vereinbarungen, die es unterzeichnet und in denen es sich verpflichtet hat, bei all seinen Handlungen internationale Verträge zu achten."
Russland ist ein Übeltäter, weil es nicht widerstandslos zusah, als die USA die ukrainische Regierung stürzten, US-Handlanger in Kiew an die Macht hievten, einen Bürgerkrieg zwischen den verschiedenen Fraktionen inszenierten, Neonazis zu Schlüsselstellungen in den Sicherheitsdiensten verhalfen, die ukrainische Wirtschaft in die Zahlungsunfähigkeit und in den Ruin trieben und eine CIA-Außenstelle in der Hauptstadt Kiew einrichteten, um die eigentliche Kontrolle auszuüben. Deshalb ist Russland böse und muss bestraft werden.

Bedeutet das aber auch, dass Washington wirklich über einen Krieg mit Russland nachdenkt?

Hier ist ein Auszug aus dem Dokument, der diese Frage klärt:
    "Im letzten Jahrzehnt haben sich unsere Militäroperationen in erster Linie gegen gewalttätige extremistische Netzwerke gerichtet. Heute und in absehbarer Zukunft müssen wir unsere Aufmerksamkeit aber wieder stärker auf bedrohliche Staaten richten. Ihre Fähigkeit, die regionale Bewegungsfreiheit und unser eigenes Territorium zu gefährden, ist gewachsen. Besonders bedrohlich sind neu entwickelte ballistische Raketen, Technologien für Präzisionsangriffe, unbemannte Systeme, die Fähigkeit zu Weltraum- und Cyberangriffen und Massenvernichtungswaffen / WMDs; sie gefährden die militärische Überlegenheit der USA und schränken unseren Zugang zu globalen Ressourcen ein."
Das klingt für mich so, als hätten die Drahtzieher in Washington bereits ihre Entscheidung getroffen.

Weil Russland d e r Feind ist, muss es ausgeschaltet werden. Wie könnte man zulassen, dass "ein revisionistischer Staat unser Heimatland bedroht"? Russland muss plattgemacht werden, und unsere anderen "Feinde" natürlich auch. Die NMS enthält eine ganze Liste von Rechtfertigungen für Kriege gegen Phantom-Feinde der USA. Das Pentagon sieht hinter jeder Ecke Gespenster – bedrohliche Technologien, demografische Entwicklungen oder kulturelle Unterschiede; das sind potenzielle Bedrohungen für die Durchsetzung von US-Interessen, besonders im Zusammenhang mit dem "Kampf um Ressourcen". Aus dieser Sicht auf die Realität war natürlich auch die Invasion des Iraks gerechtfertigt, weil Saddams Kontrolle über die großen irakischen Ölreserven die US-Hegemonie bedrohte. Deshalb musste man Saddam entfernen und mehr als eine Million Menschen umbringen; damit war ein Störfaktor beseitigt und die Welt aus US-Sicht wieder im Gleichgewicht. Das ist die auch in der NMS vorherrschende Sichtweise: Gleichgültig was die USA anrichten, es ist einfach deshalb o.k., weil sich die USA alles erlauben können.

Die Leser sollten nicht erwarten, in der neuen NMS wirklich etwas Neues zu finden. Sie serviert nur alten Wein in neuen Flaschen. Das Pentagon hat die Bush-Doktrin nur aktualisiert, indem es deren Rhetorik entschärfte. Man muss die Menschen mit Formulierungen wie "Alleingang, Präemption, Völkerrechtsbruch oder unprovozierte Aggression" ja nicht zu Tode erschrecken. Trotzdem weiß jeder, dass die USA wirklich vor nichts zurückschrecken werden, um ihr Imperium zu retten. Die Nationale Militärstrategie 2015 bestätigt erneut diese erschreckende Tatsache.

Mike Whitney lebt im Staat Washington. Er ist Mitautor des bei AK Press erschienenen Buches "Hopeless:  Barack Obama and the Politics of Illusion" (Hoffnungslos: Barack Obama und seine illusionäre Politik), das auch als Kindle-Edition erhältlich ist. Er ist zu erreichen über fergiewhitney@msn.com. [...]

Weiterlesen im Originaltext bei ' luftpost-kl.de ' (PDF) ..hier


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