20.07.2015 24:00 Griechenland-Krise: Warum die
einfachen Wahrheiten nicht stimmen
Ein dramatisches Wochenende liegt hinter uns: Ein “Grexit”
wurde zwar abgewendet. Griechenland soll aber einem harten Sparprogramm
unterzogen werden. Viele glauben: Selber Schuld. Du auch? Dann wird Dich dieses
Video zum Nachdenken bringen: [Quelle:
Campact] JWD
Quelle: Campact via Youtube | veröffentlicht 15.07.2015
Diese Fakten über
Griechenland solltest Du kennen
Fünf Expert/innen haben für uns die
Griechenland-Krise entwirrt – und werden dich ins Grübeln bringen.
Mit:
Prof. Dr. Till van Treeck, Wirtschaftswissenschaftler Uni Duisburg-Essen
Margarita Tsomou, Herausgeberin Missy Magazin
Ulrike Hermann, Journalistin bei der taz
Harald Schumann, Autor und Journalist, Tagesspiegel
Prof. Dr. Gesine Schwan, Politikwissenschaftlerin, Humboldt-Viadrina
Viele Medien zeichnen ein verzerrtes Bild
Es ist dieses Bild, mit dem weite Teile der Medien den Euro-Gipfel vom
vergangenen Wochenende zeichnen: Auf der einen Seite die eiserne Angela Merkel
mit ihrem knallharten Unterhändler Wolfgang Schäuble, die das Geld der deutschen
Steuerzahler/innen gegen die prassenden Griechen verteidigt. Auf der anderen
eine linksradikale Regierung, die Europa monatelang an der Nase herumführt und
alles Vertrauen verspielt hat. Hier die Regeln, die den Euro retten. Dort die
Griechen, die einfach nicht sparen, immer mehr Geld haben wollen.
Ein Bild, das zu dem Schluss verleitet: Die Griechen haben alleine selbst
Schuld, dass sie fast aus dem Euro geflogen wären; dass sie nun den Gürtel noch
einmal kräftig enger schnallen müssen; dass der griechische Staat faktisch unter
Aufsicht von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) gestellt werden muss.
Dass die Griechenland-Krise so eskaliert ist, dafür trage vor allem die
griechische Regierung die Verantwortung.
Wir glauben: Dieses Bild ist falsch – und lassen Experten zu Wort kommen
[...]
15.07.2015 [Quelle: Die Zeit] "Zu Schäubles Plan gehörte es, Griechenland fallen zu lassen"
Der frühere griechische Finanzminister Varoufakis macht dem Bundesfinanzminister
schwere Vorwürfe. Er habe Griechenland opfern wollen, schreibt Varoufakis in der
ZEIT.
Yanis Varoufakis, bis vor Kurzem Finanzminister Griechenlands, erhebt in einem
eigenen Beitrag für die Wochenzeitung DIE ZEIT schwere Vorwürfe gegen den
deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble. In einem ausführlichen persönlichen
Rückblick auf das letzte halbe Jahr bemängelt Varoufakis Schäubles Vorgehen in
der Schuldenkrise und kritisiert Einrichtungen wie die Eurogruppe oder die
Europäische Zentralbank. Schäuble habe zusammen mit anderen Politikern der
Eurogruppe die soziale Krise eines Mitgliedstaates "kontrolliert verschärft", um
seinen Plan von einer Neugestaltung der Eurozone durchzusetzen. "Wahlen können
nichts ändern", mit diesen Worten sei er selbst, so Varoufakis, bei seinem
ersten Auftreten in der Eurogruppe begrüßt worden.
Ein von Schäuble forcierter Grexit hätte den Startschuss für die Neugestaltung
Europas geben sollen, schreibt Varoufakis. Griechenland sollte aus der Eurozone
gedrängt werden, um "Mitgliedstaaten zu disziplinieren, die sich seinem ganz
speziellen Plan zum Umbau der Eurozone widersetzten". Das sei eine "rituelle
Aufopferung eines Mitgliedstaates". "Eine kontrollierte Eskalation der
jahrelangen griechischen Leiden, die durch geschlossene Banken verschärft"
würden, wäre der Vorbote der neuen Eurozone. Der von Schäuble geplante Umbau, so
Varoufakis, ziele unter anderem darauf, einen "Haushaltsoberaufseher" für die
Eurostaaten zu bestimmen, der über ein Vetorecht gegen nationale Haushalte
verfügt.
Dies verstoße "gegen Grundprinzipien der westlichen liberalen Demokratie", so
Varoufakis weiter. "Die Konsequenz, mit der Dr. Schäuble für eine politische
Union eintritt, die den Grundprinzipien einer demokratischen Föderation
widerspricht, ist beeindruckend." Varoufakis fordert die Leser auf, selbst zu
entscheiden, ob Schäubles Vorhaben im Einklang stehe "mit Ihrem Traum von einem
demokratischen Europa".
Die mangelhaften Grundlagen der Eurozone seien zuerst in Griechenland offenbar
geworden, bevor sich die Krise in anderen Ländern ausbreitete, schreibt
Varoufakis. Fünf Jahre später stehe Griechenland erneut im Rampenlicht, weil
"der einzige aus der Riege der Eurogründer verbliebene Staatsmann, Dr. Schäuble,
einen Plan hat, um die europäische Währungsunion zu sanieren.
Zu diesem Plan gehört es, Griechenland fallen zu lassen, weil die griechische
Regierung angeblich keine 'glaubwürdigen' Reformen anzubieten hat". [...]