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23.12.2015 00:45
"Die wichtigste Grundlage des modernen Weltbildes"
Berlin (hpd). Gespräch mit Michael Schmidt-Salomon über Evolution, Integration und die Abgründe des Buchhandels. -  Mit "Big Family – Die phantastische Reise in die Vergangenheit" hat Michael Schmidt-Salomon ein neues Buch zum Thema "Evolution" vorgelegt. Im Gespräch mit dem hpd erklärt er, wie es dazu kam und warum er es als "Skandal" betrachtet, "dass Kinder mit religiösen Schöpfungsmythen gefüttert, aber über die realen Hintergründe der Entwicklung der Arten im Unklaren belassen werden"... [Quelle: hpd.deJWD

Von Florian Chefai / Frank Nicolai |  Humanistischer Pressedienst  |  22.12.2015



Erst einmal die Welt retten: Was können wir tun? - Michael Schmidt-Salomon bei WESTART (WDR)
Quelle: gbs Koblenz (Sceenshot) | veröffentlicht 17.08.2015

...Außerdem erläutert er, warum eine "frühzeitige Beschäftigung mit Evolution der Schlüssel für eine erfolgreiche Integrationspolitik sein könnte" und weshalb er die meisten Buchhandlungen nicht betreten kann, ohne dass ein "unwiderstehliches Ekelgefühl" in ihm aufsteigt.

hpd: Herr Schmidt-Salomon, mit “Big Family” haben Sie nach “Susi Neunmalklug erklärt die Evolution” und ihrer Mitarbeit an “Urmel saust durch die Zeit” nun schon das dritte Kinderbuch vorgelegt, das sich mit dem Thema “Evolution” beschäftigt. Was sind die Gründe dafür?

Michael Schmidt-Salomon: Nun, zunächst einmal steht fest, dass die Evolutionstheorie die wichtigste Grundlage des modernen Weltbildes ist. Wer die Prozesse der Evolution nicht begreift, kann kein realistisches Verständnis seiner selbst entwickeln und sich in einer modernen Wissenschaftsgesellschaft nicht zurechtfinden. Deshalb halte ich es für einen ausgesprochenen Skandal, dass Kinder in öffentlichen Schulen mit religiösen Schöpfungsmythen gefüttert, aber über die realen Hintergründe der Entwicklung der Arten im Unklaren belassen werden.

Mit “Susi Neunmalklug” habe ich meiner Verärgerung über diesen Missstand auf satirische Weise Ausdruck gegeben. Nachdem ich das hinter mich gebracht hatte, konnte ich bei “Big Family” einen konstruktiveren Weg einschlagen. In dem neuen Buch ging es mir in erster Linie darum, zu zeigen, wie faszinierend eine evolutionäre Sicht der Welt ist.

In “Big Family” erzählen Sie die Geschichte der Evolution als Familiengeschichte der Leserinnen und Leser, die über ihre Mutter, Großmutter und Urgroßmutter zu ihren Vorfahren zurückreisen – von ihrer “Steinzeit-Oma” zu “Oma Spitzmaus”, von “Oma Echse” über “Oma Fischmaul” bis zu “Omapa Bakteria”, dem Ursprung allen Lebens auf der Erde. Wie kamen Sie auf die Idee?

Schon in den 1990er Jahren habe ich in meinen Vorträgen und Seminaren versucht, die enge Verwandtschaft von Mensch und Schimpanse anhand einer Ahnenkette zu verdeutlichen. Als ich 2011 an “Keine Macht den Doofen” arbeitete, zog ich dieses Gedankenexperiment aus der Schublade, um die groteske Überheblichkeit des “Homo demens” auf den Punkt zu bringen.

Um die Darstellung griffig zu machen, gab ich der letzten gemeinsamen Vorfahrin von Mensch und Schimpanse den Namen “Oma Chimpman”. Aus Platzgründen wurde die “Chimpman”-Passage zwar aus “Keine Macht den Doofen” gestrichen (sie tauchte dann später in abgewandelter Form in “Hoffnung Mensch” wieder auf), aber seither hat mich die Idee gereizt, eine Ahnenkette zu schildern, die nicht nur bis zu “Oma Chimpman”, sondern bis zu den Anfängen des Lebens vor mehr als 3,5 Milliarden reicht.

Das Problem an der Darstellung einer solchen Ahnenkette besteht darin, dass wir nicht genau wissen, welcher Art unsere direkten Vorfahren angehörten…

So ist es. Wir wissen zwar ungefähr, welcher Klasse oder Ordnung unsere Vorfahren zu einem bestimmten Zeitpunkt angehörten, haben aber keine Ahnung, welcher Art sie zuzurechnen waren. Daher muss man schon auf Phantasienamen zurückgreifen, um die Linie unserer direkten Vorfahren eingängig und vor allem kindgerecht zu beschreiben. Nachdem ich das im Fall von “Oma Chimpman” bereits getan hatte, trieb ich das Spiel weiter fort.

Die gemeinsame Vorfahrin aller Trockennasenaffen, zu denen neben uns und den anderen Großen Menschenaffen auch die Gibbons, Paviane, Kapuzineraffen und Koboldmakis gehören, nannte ich “Oma Trockennase”, die gemeinsame Vorfahrin aller Säugetiere “Oma Spitzmaus”. Weiter ging es dann über “Oma Echse”, “Oma Amphibia”, “Oma Fischmaul” und “Oma Schwammkopf” bis hin zu “Omapa Bakteria”.

Warum “Omapa”?

Weil Bakterien kein Geschlecht haben. Sexualität entstand erst vor rund 600 Millionen Jahren. Die längste Zeit kamen die irdischen Lebewesen ohne das aufwändige “Mann-Frau-Spiel” aus, was zweifellos weniger Spaß bedeutete, aber auch weniger Tragödien.

Im Jahr 2012 erschien in Deutschland “Der Zauber der Wirklichkeit” von Richard Dawkins, das streckenweise einen ähnlichen Ansatz wählt wie Sie in “Big Family”. Auch Dawkins verfolgt in einem Kapitel die väterliche Abstammungslinie bis zu den Fischen zurück. War das eine Inspirationsquelle für Sie?

Ja und nein. Die Grundidee von “Big Family” stand zu diesem Zeitpunkt ja schon längst fest, jedoch bestärkte mich Richards Buch darin, das “Big Family”-Projekt zu realisieren.

Weshalb?

“Der Zauber der Wirklichkeit” ist für Jugendliche und Erwachsene geschrieben. Es enthält großartige Illustrationen, aber auch sehr viel Text. Zudem hat Richard die Idee der Ahnenreihe in seinem Buch nur am Rande behandelt, ich hingegen konzentrierte mich voll und ganz auf die Ahnenkette, um mit ihrer Hilfe die große Linie der Evolutionsgeschichte zu schildern.

Bei meinen Recherchen, die ich 2010/2011 für das Evokids-Projekt durchführte, hatte ich den Eindruck gewonnen, dass die meisten Evolutionsbücher für Kinder sich auf irgendwelche Details stürzen, es aber verpassen, die eigentliche Kerngeschichte zum Ausdruck zu bringen. Ich nahm mir daher vor, die Kerngeschichte unserer evolutionären Abstammung mit möglichst wenig Text und möglichst großen Bildern zu erzählen – und zwar in einer Weise, die auch für Grundschulkinder nachvollziehbar ist. Schließlich sollte das Buch auch im Rahmen des Evokids-Projekts Verwendung finden.

Cover - War es schwierig die richtige Person für die Illustrationen zu finden?

Oh ja! Als ich den Text für “Big Family” schrieb, hatte ich bereits klare Vorstellungen davon, wie die Zeichnungen und das Buch später einmal aussehen sollten, und deshalb war mir von Anfang an bewusst, dass es nicht leicht sein würde, dafür geeignete Mitstreiter zu finden. Es gibt ja nicht allzu viele Zeichnerinnen und Zeichner, die die Fähigkeiten für ein solches Projekt mitbringen.

Zum Glück lief mir 2014 bei einer Lesung zu “Hoffnung Mensch” Anne-Barbara Kindler über den Weg. Nachdem wir zufällig ins Gespräch gekommen waren, schickte sie mir eine ihrer Zeichnungen zu und mir war sofort klar, dass sie die perfekte Illustratorin für das Buch sein würde. Es hat zwar einige Zeit gebraucht, bis “Big Family” fertig war, aber ich bin sehr froh darüber, dass wir im Produktionsprozess keine faulen Kompromisse eingegangen sind, da das Buch ansonsten längst nicht so gut geworden wäre.

Ist das der Grund dafür, weshalb Sie “Big Family”, im Unterschied zu Ihren anderen Büchern, im Eigenverlag veröffentlicht haben?

Das war einer der Hauptgründe. Wir hatten in unserem Team, zu dem neben Anne-Barbara auch Jörg Salomon gehörte, der für Satz, Layout und Druckabwicklung verantwortlich war, ein sehr klares Konzept der Form, die das Buch haben sollte, und wollten die Kontrolle darüber an keinen Verlag abgeben. Für den Eigenverlag sprach außerdem, dass von vornherein feststand, dass einige Texte und Grafiken aus dem Buch im Rahmen des Evokids-Projekts verwendet werden sollten und die Hälfte des Verlagsgewinns dem Projekt zufließen sollte. Das wäre mit einem normalen Verlag nicht möglich gewesen.

Auf der Basis des Buchs hat Ricarda Hinz einen beeindruckenden 18-minütigen Film für das Evokids-Projekt gedreht…

Ja, [...]

Weiterlesen im Originaltext bei ' hpd.de ' ..hier


Passend zum Thema:

07.12.2015 [Quelle: Evokids via Youtube]
Big Family - Die phantastische Reise in die Vergangenheit


Quelle: Evokids via Youtube  |  veröffentlicht 07.12.2015

Hast du schon gehört, dass T-Rex ein Verwandter von dir war? Dass einige deiner Ur-Ur-Ur...Großmütter als Fische durch die Meere schwammen? Dass wir Menschen nicht nur von Affen, sondern auch von Echsen und Bakterien abstammen? Nein?
Dann komm´mit auf eine phantastische Reise in die Vergangenheit und finde heraus, wie deine Vorfahren lebten! Entdecke das Abenteuer der Evolution auf eine neue, faszinierende Weise! Ein Video für clevere Kids, die mehr über die Welt erfahren wollen. [Quelle]


Arbeitskreis Evolutionsbiologie


Quelle: de.richarddawkins.net (verlinkt)

Link zur Webseite des AK Evolutionsbiologie bei ' RichardDawkins.net ' ..hier

Anmerkung: Sie finden dort viele Beiträge von Prof. Dr. Ulrich Kutschera, einem exzellenten, deutschsprachigen Evolutionsbiologen.



Wenn es auf dieser Welt überhaupt
Tatsachen gibt, dann ist Evolution eine davon!

Warum das so ist, erklärt Prof. Dr. Ulrich Kutschera kurz, prägnant und einleuchtend in einer Reihe von sehr informativen Videos über die "Tatsache Evolution":


de.richarddawkins.net (verlinkt)

Text zum Video Teil 1:
Was ist Evolution?
Tatsache Evolution - Was Darwin nicht wissen konnte

 Ausgehend von populären Irrtümern zum Thema Evolution, soll dieses Video aus dem Arbeitskreis Evolutionsbiologie im VBiO anschaulich zum Thema hinführen und verschiedene Schwerpunkte behandeln.
    - Allgemeine Definitionen des Evolutionsbegriffs;

    - Populationen als Einheiten der Evolution;

    - Artbildung, das Aussterben und Stammbäume;

    - die Zellen-Regel und der Evolutionsbeweis;

    - Evolutionsbiologie als Theoriensystem und angewandte Naturwissenschaft;

    - der doppelte Beleg zur Abstammung des Schimpansen und Menschen aus einer gemeinsamen afrikanischen Zwischenform.
Ein Motiv der Video-Serie mit dem Titel "Tatsache Evolution. Was Darwin nicht wissen konnte.", ist es, den Fehlinformationen, die über zahlreiche Kreationisten-Videos verbreitet werden, aktuelle Sachinformationen entgegen zu setzen. Das Thema "Evolution" ist auf YouTube praktisch vollständig von laienhaften Darstellungen fundamentalistischer Christen besetzt, die über inhaltsleere, aber professionell hergestellte Filme die Biowissenschaften als Ganzes diskreditieren. Haupt-Zielgruppe sind interessierte Laien, Oberstufenschüler und Studienanfänger. [zum Video ..hier]
 

Interessantes zum Thema Gender-Mainstreaming:

11.07.2015 [Quelle: inforadio.de]
Ulrich Kutschera - 

Gender Mainstreaming: Unfug, Religion, feministische Sekte.


Quelle: Einer von Vielen via Youtube  |  veröffentlicht 12.10.2015

Zu Gast bei Ingo Kahle: Prof. Dr. Ulrich Kutschera, Evolutionsbiologe, Uni Kassel. Ein Gespräch darüber, warum Frauen und Männer nicht gleich sind. Sa 11.07.2015 [inforadio.de]

"Gender Mainstreaming" ist der Kern der feministischen Lehre, wonach "Geschlecht" nichts Biologisches, sondern sozial bedingt, anerzogen ist. Deshalb seien Mann und Frau gleich. Anhängerinnen dieser These verlangen zum Beispiel die "genderperspektivische Analyse vermeintlicher Geschlechtsunterschiede des Menschen hinsichtlich zum Beispiel der Geschlechtshormone".

Dabei wissen Biologen aus der Alternsforschung, dass das männliche Geschlechtshormon Testosteron wesentlich mit verantwortlich dafür ist, dass Männer im Schnitt fünf Jahre früher sterben als Frauen. "Männer sind für ein kürzeres Leben selektiert", schreibt der Biologe Prof. Björn Schumacher in seinem Buch "Das Geheimnis des menschlichen Alterns."

Die Gender-Forschung, für die es in Deutschland inzwischen 200 Lehrstühle gibt, ist eine wissenschaftliche Macht geworden. Das erfuhr auch der Gast des heutigen "Zwölfzweiundzwanzig", der renommierte Evolutionsbiologe Ulrich Kutschera von der Universität Kassel, als ein von ihm im humanistischen Pressedienst erschienener Artikel mit dem Titel "Universitäre Pseudowissenschaft" bereits einen Tag später der Zensur zum Opfer fiel.

Kutschera hatte darin über ein informelles, privates Treffen von Biologen verschiedener Länder am Rande der Jahrestagung der renommierten, 1848 gegründeten, “American Association for the Advancement of Science“ in San José in Kalifornien zum Thema "Kreationismus“ berichtet, auf dem es zu einem Konsens der Wissenschaftler gekommen sei, den Kutschera in dem erwähnten Beitrag so zusammenfasste:

    "Die Diskussion in San José führte zum folgenden Konsens: Evolutionsbiologen sollten den Genderismus, eine universitäre Pseudowissenschaft, die den deutschen Steuerzahler jährlich viele Millionen Euro kostet, mit demselben Ernst analysieren und sachlich widerlegen wie den damit geistesverwandten Kreationismus."
Buchempfehlungen: Ulrich Kutschera - Evolutionsbiologie 2015 [Quelle]
 

02.02.2015 02:10
Die Geschichte des evolutionären Humanismus
OBERWESEL. (hpd) Ricarda Hinz hat zum 10-jährigen Bestehen der Giordano-Bruno-Stiftung mit „Hoffnung Mensch – Die Geschichte des evolutionären Humanismus“ eine eindrucksvolle Dokumentation produziert. Auf vielfachen Wunsch ist sie ab sofort frei im Internet verfügbar. [Quelle: hpd.de] JWD  ..weiterlesen


30.11.2013 23:55
Wie kommt der Glaube in die Köpfe?
Der Autor Peter Boldt stellte schon in seinem Buch "Die Evolution des Glaubens und der Ethik" die These auf, dass Religionen einen evolutionären Vorteil böten. In diesem Text erweitert er diesen Gedanken um aktuelle Erkenntnisse aus der Hirnforschung." [Quelle: hpd.de]  JWD  ..weiterlesen


05.11.2012 20:45
Religioten am Werk: Atatürk würde sich wohl im Grabe herumdrehen, würde er die neuen türkischen Schulbücher sehen
Türkische Schulbücher denunzieren Einstein und Darwin - Pünktlich zum Schulbeginn in der Türkei gingen frisch gedruckte und im Vorwort als “vorzüglich” bezeichnete Bücher an 1000 Schüler. Das brisante an den Büchern ist, dass sie regelrechte Hetze gegen die großen Errungenschaften der Wissenschaft betreiben, so besonders die Wissenschaftler dahinter der Lächerlichkeit preiszugeben versuchen. In der Regel mit eindeutig antisemitischen Motiven oder Anspielungen darauf. [Quellen: hpd.de | humanist-news.com]  JWD  ..mehr

 

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