25.02.2020 16:00 Propaganda
Die britische Herstellung des Mythos der "syrischen Revolution"
Es sind neue Dokumente über die Organisation der britischen Propaganda gegen
Syrien durchgesickert. Sie helfen zu verstehen, wie gutgläubige Journalisten
ständig mit dem Mythos der "syrischen Revolution" indoktriniert wurden und warum
sich Großbritannien trotz des Erfolgs dieser Operation aus Syrien zurückzog. -
Demokratie erfordert ehrliche öffentliche Debatten. Propaganda wäre daher das
Vorrecht undemokratischer Regime. Doch die Geschichte lehrt uns, dass moderne
Propaganda im Vereinigten Königreich und in den Vereinigten Staaten während des
Ersten Weltkriegs konzipiert wurde und dass die UdSSR und Nazi-Deutschland nur
blasse Nachahmer waren. [Quelle:
voltairenet.org] JWD
Von Thierry Meyssan | Voltaire
Netzwerk | Damaskus (Syrien) | 25 Februar 2020
ährend des Krieges gegen Syrien haben wir oft erklärt, dass die Realität vor
Ort in keiner Weise dem Bild entsprach, das der Westen davon hatte. Wir haben
die Herstellung von Beweisen durch die US-amerikanischen, britischen,
französischen und türkischen Geheimdienste angeprangert, Beweise, die die
westlichen Aggressionen verbergen und eine Revolution gegen eine Diktatur
glaubhaft machen sollten.
Während das Vereinigte Königreich seit 2018 nicht mehr vor Ort ist, hat der
Journalist Ian Cobain soeben in Middle East Eye offizielle britische Dokumente
veröffentlicht, die uns darüber aufklären, wie London gutgläubige Journalisten
zuerst massiv manipuliert und sich dann zurückgezogen hat. [1]. Er hatte bereits
im Guardian im Jahr 2016 Enthüllungen über die Organisation des MI6 in dieser
Angelegenheit veröffentlicht [2].
Zunächst einmal ist es wichtig sich daran zu erinnern, dass die Briten überhaupt
nicht das gleiche Ziel verfolgten wie ihre US-Verbündeten. London hoffte, seinen
Einfluss aus der Kolonialzeit (wie Paris) zurückzugewinnen. Das Vereinigte
Königreich glaubte nicht, dass die Vereinigten Staaten beabsichtigten, die
staatlichen Strukturen des gesamten erweiterten Nahen Ostens zu zerstören
(Rumsfeld/Cebrowski-Strategie). Deshalb konzipierte es die Operation des
"arabischen Frühlings" nach dem Vorbild der "Großen arabischen Revolte" von
Lawrence von Arabien (die Muslimbruderschaft spielt jetzt die Rolle der
Wahhabiten des Ersten Weltkriegs). Ihre Propaganda war daher ausgedacht, um ein
neues Syrien um diese Bruderschaft herum zu schaffen und es nicht so zu spalten,
wie es die CIA wollte und es immer noch will.
Der Westen war bereits von den Revolutionen in Tunesien, Ägypten und Libyen
überzeugt. Es war also leichter, ihnen ein viertes Einsatzgebiet zu verkaufen.
Gutgläubige Journalisten waren von Revolutionären (eigentlich türkischen und
NATO-Geheimdiensten) in ein syrisches Dorf, Dschabal Al-Zaouia, gebracht worden,
um an Kundgebungen der Freien Syrischen Armee (FSA) teilzunehmen und sie zu
filmen. Viele wurden manipuliert und glaubten an einen Volksaufstand. Als diese
Inszenierung von Daniel Iriarte in der spanischen Tageszeitung ABC angeprangert
wurde — weil er vor Ort nicht syrische Kämpfer, sondern Libyer unter dem Befehl
von Aldelhakim Belhadsch und Mehdi al-Harati erkannt hatte [3] — weigerte sich
die Presse, die Manipulation, deren Objekt sie war, anzuerkennen. Die
Unfähigkeit von Journalisten, ihre Fehler einzugestehen, auch wenn manche ihrer
Kollegen sie aufdecken, bleibt der beste Trumpf der Meister der Propaganda.
Wie immer benutzten die Briten der RICU (Research, Information and
Communications Unit) einen Wissenschaftler, hier einen "Anthropologen", um die
Manipulation zu überwachen. Er übertrug die Durchführung des Projekts mehreren
Subunternehmern, darunter einem "ehemaligen" MI6-Offizier, Colonel Paul Tilley;
das Wort "ehemalig" ist hier wichtig, um die Verantwortung leugnen zu können,
wenn die Operation schiefgelaufen ist. Um näher an das Terrain zu kommen, wurden
drei Ad-hoc-Büros von MI6-Subunternehmern in Istanbul, Reyhanli (Türkei) und
Amman (Jordanien) geöffnet, während die CIA von Deutschland aus tätig ist.
Die Operation begann mit der Chemiewaffen-Affäre im Sommer 2013, als das
Unterhaus, das während des Krieges gegen den Irak durch Propaganda betrogen
wurde, dem Verteidigungsministerium strengstens untersagt hatte, Truppen dorthin
zu entsenden. Infolgedessen wurde das ursprüngliche Budget des Foreign Office
erhöht und vom britischen Verteidigungsministerium und den kanadischen und
US-Behörden übernommen, wobei das Militär keine anderen Mittel mehr hatte, um
einzugreifen.
Die Operation stand unter dem Kommando eines MI6-Offiziers, Jonathan Allen, der
Nummer 2 der britischen diplomatischen Delegation im UN-Sicherheitsrat wurde.
Screenshot |
Quelle: voltairenet.org
Der britische
Geheimdienstoffizier und Chargé d’affaires Ihrer Majestät, Jonathan
Allen, bei einer Pressekonferenz der UNO mit seinem privilegierten
Verbündeten, dem französischen Botschafter Francois Delattre.
Die Originalität der Operation, die unter anderem von Innovative Communications
and Strategies (InCoStrat) geleitet wird, besteht darin, dass sie als
handelsbezogene Partnerschaft ohne Bezug zu den britischen Behörden dargestellt
wird. Die Syrer, die daran teilnahmen, fühlten sich nicht als Verräter ihres
Landes, sondern glaubten nur, dass sie eine Gelegenheit gefunden hatten, Geld zu
verdienen, um trotz des Krieges zu überleben. In Bezug auf ihren Lebensstandard
war die gezahlte Vergütung in der Tat sehr hoch.
Das System der "Bürgerjournalisten" war sehr sparsam im Vergleich zu den 500.000
Pfund pro Monat des britischen Budgets (50 bis 200 Dollar für ein Video, 250 bis
500 Dollar für reguläre Freiberufler), um "Informationen" oder "Beweise" zu
finden, die die Repression des Regimes gegen die eigene Bevölkerung bezeugen.
Diese Materialien, einmal sortiert, wurden vom MI6 an die BBC, Sky News Arabic,
Al-Jazeera (Katar) und Al-Arabiya (Saudi-Arabien) geschickt, vier Sender, die
sich vollständig an den westlichen Kriegsanstrengungen beteiligen, unter Verstoß
gegen UN-Resolutionen, welche ja Kriegspropaganda verbieten. Die syrischen
Mitarbeiter mussten sich schriftlich verpflichten, anonym zu bleiben, es sei
denn, dies wurde ausdrücklich genehmigt, und ihre Verbindungen zu welchem
Unternehmen auch immer nicht offenzulegen.
Die westlichen gutgläubigen Journalisten, die nicht in der Lage waren, die
syrischen "Bürgerjournalisten" zu identifizieren und den Kontext der Videos und
anderer "Beweise" zu überprüfen – was die Daseinsberechtigung ihres Berufs ist –
haben sich vom Lärm der vier Fernsehsender überzeugen lassen.
Ian Cobains Dokumente bezeugen, dass diesem internationalen Ziel ein Ziel in
Syrien hinzugefügt wurde. London wollte gegenüber den "Extremisten" eine
Änderung der Haltung der Öffentlichkeit zugunsten der "Gemäßigten" herbeiführen.
In diesem Punkt scheint es nicht so, dass Middle East Eye erkannt habe, dass
diese Worte nicht im herkömmlichen Sinne, sondern im Lichte der Entscheidungen
von Premierminister Tony Blair interpretiert werden sollten. Letzterer hatte bei
der Entwicklung des Plans des "arabischen Frühlings" gefordert, dass die
Regierung Ihrer Majestät "mäßig antiimperialistische" Führer wie die
Muslimbruderschaft als Verbündete betrachten solle, während die Gegner, wie das
nationalistische Regime der syrischen Baath-Partei, "antiimperialistische
Extremisten" waren. [4].
Der Anthropologe, der das Programm überwachte, wies auch auf die Notwendigkeit
hin, Notdienste zu schaffen (die Freie Polizei und die Weißhelme des
"ehemaligen" MI6-Offiziers James Le Mesurier), nicht so sehr, um der Bevölkerung
zu helfen, sondern um ihr Vertrauen in die kommenden Institutionen einzuflößen,
nachdem das Regime der nationalen Union der Baath besiegt sein würde. In diesem
Zusammenhang verwies er auf den Plan für die totale und bedingungslose
Kapitulation Syriens, den der Deutsche Volker Perthes für die Nummer 2 der UNO,
Jeffrey Feltman, entworfen hatte [5], den die Briten also falsch interpretiert
haben.
Diese Meinungsverschiedenheit ist die Hauptursache für das Versagen dieser
Operation, als Washington versuchte, mit Daesch und dem "Freien Kurdistan" mit
der türkischen PKK und der irakischen KDP, "Sunnistan" zu schaffen. Da die
Briten dann dachten, dass es nicht mehr ihr Krieg sei, beschlossen sie, sich
zurückzuziehen.
Das MI6-Programm hatte drei Komponenten:
Syrische Identität:
"Die Syrer durch die positive Bekräftigung gemeinsamer Kulturen und Praktiken zu
vereinen und das Vertrauen unter den Nachbarn wiederherzustellen, indem man die
zahlenmäßige Stärke der Syrer veranschaulicht."
Freies Syrien:
"Der Versuch, Vertrauen in ein zukünftiges Syrien aufzubauen ohne ein
extremistisches Regime."
Untergrabung:
"Der Versuch, die Wirksamkeit gewalttätiger extremistischer Netzwerke (EN) in
Syrien zu beeinträchtigen, indem die Glaubwürdigkeit von EN-Erzählungen und
-Akteuren untergraben wird und EN-Organisationen von der Bevölkerung isoliert
werden."
Laut Ian Cobains Dokumenten bildeten die MI6-Subunternehmer auch syrische
Oppositionssprecher aus, entwickelten Social-Media-Konten und organisierten 24
Stunden arbeitende Pressebüros. Sie zitieren nicht das Design der Logos und die
Hollywood-Inszenierungen, von denen wir, wie bei der Militärparade in Ghouta mit
Panzern und mit Statisten vor der Kamera marschierend, berichteten.
Quelle: voltairenet.org
Die Pressestellen wollten syrische Oppositionssprecher mit westlichen
Journalisten in Verbindung bringen und sie vor den Gesprächen instruieren. Auf
diese Weise nahm die westliche Presse gutgläubig an, ihre Informationen von
unabhängigen Quellen und kostengünstig zu erhalten. Wenn auch zunächst, während
der Destabilisierungsphase (bis Mitte 2012), alle internationalen Medien
Reporter vor Ort schickten (die die Briten manipulierten), gibt es heute keine
Reporter mehr dort. Der Westen hat sich daran gewöhnt, der Nachrichtenagentur
MI6 in London mit der Muslimbruderschaft, der Syrischen Beobachtungsstelle für
Menschenrechte, zu glauben, obwohl diese nicht über die Mittel verfügt, um
irgendetwas über die Ereignisse zu wissen, die sie vorgibt zu kennen.
[5] „Deutschland und die Uno gegen Syrien“, von Thierry Meyssan, Übersetzung
Horst Frohlich, Sabine, Al-Watan (Syrien) , Zeit Fragen (Schweiz) , Voltaire
Netzwerk, 28. Januar 2016.
“Draft Geneva Communique Implementation Framework”, “Confidence Building
Measures”, “Essential Principles”, “Representativness and Inclusivity”, “The
Preparatory Phase”, “The Transitional Governing Body”, “The Joint Military
Council and Ceasefire Bodies”, “The Invitation to the International Community to
Help Combat Terrorist Organizations”, “The Syrian National Council and
Legislative Powers during the Transition”, “Transitional Justice”, “Local
Governance”, “Preservation and Reform of State Institutions”, “Explanatory
Memorandum”, “Key Principles revealed during Consultations with Syrian
Stake-holders”, “Thematic Groups”, United Nations Department of Political
Affairs (DPA), 2012-2014 (unpublished).
Thierry Meyssan: Politischer Berater,
Gründer und Präsident vom Voltaire Netzwerk - Réseau Voltaire. Letztes
französisches Werk: Sous nos yeux - Du 11-Septembre à Donald Trump.
Dieser Beitrag ist unter Lizenz der Creative Commons
(CC BY-NC-ND)
31.08.2019 00:00 Elizabeth II. setzt britisches Parlament aus
Auf Antrag von Premierminister Boris Johnson hat Königin Elizabeth II. das
britische Parlament für den Brexit suspendiert. - Nach
verfassungsrechtlicher Tradition hat die Königin kein Recht, gegen einen Antrag
des Premierministers Einspruch zu erheben. In diesem Fall konnte sie es jedoch,
- und manche werden sogar argumentieren, dass sie es tun musste -. Tatsächlich
kann eine Aussetzung des Parlaments nur aus technischen Gründen (z. B. im Fall
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voltairenet.org] JWD
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